In einem Fall aus Polen hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der die Daten seines Arbeitgebers in betrügerischer Weise verwendet, um falsche Rechnungen auszustellen, den darin ausgewiesenen Steuerbetrag schuldet. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Arbeitgeber seinen Überwachungspflichten nicht nachgekommen ist, so der EuGH.
Im Ausgangsverfahren hatte eine Tankstellenmitarbeiterin weggeworfene Zahlungsbelege eingesammelt und dann mittels eines „zweiten Buchungssystems“ neue Rechnungen mit einem Gesamtwert von etwa 320.000 EUR über die auf den Bons genannten Treibstoffmengen ausgestellt und an Interessenten verkauft. Die Rechnungsempfänger nutzten diese Scheinrechnungen über nie stattgefundene Treibstofflieferungen unberechtigterweise sowohl für den Vorsteuer- als auch für den Betriebsausgabenabzug.
Nach einer Steuerprüfung erließen die zuständigen Behörden einen die Scheinrechnungen umfassenden Mehrwertsteuerbescheid zu Lasten der Tankstelle mit der Begründung, der Betrug der Mitarbeiterin sei dem Unternehmen zuzurechnen. Dagegen klagte der Tankstellenbetreiber.
Der vom polnischen Gericht angerufene EuGH stellte fest, dass die Mehrwertsteuer nicht vom scheinbaren Aussteller einer falschen Rechnung geschuldet werden kann, wenn dieser gutgläubig ist. Um als gutgläubig angesehen zu werden, müsse der Arbeitgeber die zumutbare Sorgfalt walten lassen, um das Handeln seines Arbeitnehmers zu überwachen und dadurch zu verhindern, dass seine Daten für die Ausstellung falscher Rechnungen verwendet werden. Könne er dies nicht nachweisen, bleibe es bei seiner Mehrwertsteuerpflicht.
Hinweis: Es ist nun Sache der Finanzverwaltung bzw. des zuständigen nationalen Gerichts, unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände zu beurteilen, ob der Arbeitgeber im Besprechungsfall die nötige Sorgfalt an den Tag gelegt hat.
Quelle: EuGH, Urt. v. 30.01.2024 – C-442/22
Fundstelle: www.curia.europa.eu
Foto Adobe Stock photowahn
0 Kommentare