Außerordentliche Einkünfte wie Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten können vom Empfänger mit einem ermäßigten Einkommensteuersatz versteuert werden. Der Steuergesetzgeber will dadurch Progressionsnachteile ausgleichen, die durch das Zusammentreffen von laufenden und außerordentlichen Einkünften entstehen.
Ein bilanzierender Autohändler aus Bayern hat nun vor dem Bundesfinanzhof (BFH) erstritten, dass ihm gezahlte Erstattungszinsen des Finanzamts als tarifbegünstigte Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten besteuert werden.
Die Vorgeschichte: Im Zuge einer Steuerfahndungsprüfung hatte das Finanzamt (FA) die Umsatzsteuer für die Jahre 1997 bis 2000 erhöht, wogegen der Händler jahrelang prozessierte. Vor dem Finanzgericht schlossen die Prozessparteien schließlich eine tatsächliche Verständigung, wonach die Umsatzsteuer 2012 wieder um insgesamt 321.774 EUR herabgesetzt wurde; das FA zahlte auf diesen Betrag im selben Jahr zudem Erstattungszinsen von insgesamt 203.022 EUR an den Händler aus.
Letzterer beantragte daraufhin, die geballt erhaltenen Umsatzsteuererstattungen sowie die Erstattungszinsen in seinem Einkommensteuerbescheid 2012 als ermäßigt zu besteuernde Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten zu erfassen. Das Amt folgte diesem Antrag zunächst nur hinsichtlich der Umsatzsteuererstattung.
Der BFH entschied jedoch, dass auch die Zinsen ermäßigt versteuert werden dürfen und verwies darauf, dass auch Erstattungszinsen auf Betriebssteuern, die wie im vorliegenden Fall zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören, zu den Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten zählen. Auch bei ihnen handelt es sich um Vorteile von wirtschaftlichem Wert, die im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt werden. Die Gewinnerhöhung aufgrund der Erstattungszinsen war auch „außerordentlich“, da die Zinsen aufgrund des langjährigen Rechtsstreits geballt zugeflossen waren. Zur Progressionswirkung trug im vorliegenden Fall die erhebliche Höhe der Zinsen im Vergleich zur Hauptschuld bei.
Für die Wertung, eine erst nach einem langjährigen Rechtsstreit realisierte Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten auch bei einem bilanzierenden Gewerbetreibenden als außerordentlich anzusehen, spricht, dass Höhe und Zuflusszeitpunkt dieser Einkünfte für den Gewerbetreibenden aufgrund des Rechtsstreits nicht disponibel sind, dass aufgrund der erheblichen Höhe der Vergütung typischerweise eine Progressionswirkung eintritt und dass aufgrund des Vorsichtsprinzips zunächst ein Aktivierungsverbot zu beachten ist.
Quelle: BFH, Urt. v. 30.08.2023 – X R 2/22
Fundstelle: www.bundesfinanzhof.de
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