Supervisionsleistungen können nach EU-Recht umsatzsteuerfrei erbracht werden. Dies geht aus einem neuen Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) hervor.
Geklagt hatte eine Frau, die Supervisionen gegenüber verschiedenen Auftraggebern (u.a. für Träger der Wohlfahrtspflege und der Kinder- und Jugendhilfe) erbracht hatte. Ihre Zielgruppe waren dabei Sozialarbeiter, Sozialpädagogen und andere in der Pflege tätige Arbeitnehmer, die von ihr in beruflichen Alltagskompetenzen geschult wurden. Die erzielten Jahresumsätze zwischen 14.000 EUR und 26.000 EUR wollte sie umsatzsteuerfrei belassen, das Finanzamt vertrat nach einer Betriebsprüfung jedoch die Auffassung, dass die Leistungen weder nach deutschem Recht noch nach EU-Recht steuerfrei belassen werden können. Mangels Kleinunternehmerschaft setzte das Amt daher Umsatzsteuer fest.
Hinweis: Das deutsche Umsatzsteuergesetz sieht eine Umsatzsteuerbefreiung für Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen vor, die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Schule eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde (z.B. der Bezirksregierung) vorlegen kann, wonach sie ordnungsgemäß auf einen Beruf oder eine staatliche Prüfung vorbereitet. Eine weitere nationale Umsatzsteuerbefreiung existiert für Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen durchgeführt werden, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbands dienen.
Der BFH entschied, dass die Supervisionsleistungen zwar nicht nach dem (eng gefassten) nationalen Recht umsatzsteuerbefreit waren, weil die Supervisorin keine entsprechende Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde vorlegen konnte und auch nicht die unternehmerbezogenen Voraussetzungen der Steuerbefreiung erfüllte. Anwendbar war nach Auffassung des Gerichts aber eine Umsatzsteuerbefreiung aus dem EU-Recht – entsprechend der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL). Diese Befreiung gilt für den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht. Die Supervisorin hatte nach Gerichtsmeinung derartigen Unterricht erteilt, denn nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung werden von der Umsatzsteuerbefreiung auch Unterrichtseinheiten erfasst, die sich auf die Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung beziehen. Die Klägerin war auch deshalb als Privatlehrerin im Sinne der MwStSystRL anzusehen, da sie für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handelte. Sie konnte sich somit direkt auf die Umsatzsteuerbefreiung nach EU-Recht berufen.
Quelle: BFH, Beschl. v. 22.06.2022 – XI R 32/21 (XI R 6/19)
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