Wenn Sie Ihren Firmenwagen auch privat nutzen, haben Sie zwei verschiedene Möglichkeiten, den geldwerten Vorteil der privaten Nutzung zu ermitteln. So kann zum einen ein Fahrtenbuch geführt werden. Wenn Sie allerdings kein Fahrtenbuch führen möchten, kann auch die vereinfachte Ermittlung anhand der 1-%-Regelung erfolgen. Aber muss eigentlich für jeden Firmenwagen ein geldwerter Vorteil versteuert werden?
Das Finanzgericht Münster (FG) musste darüber im Streitfall entscheiden. Zum Haushalt der miteinander verheirateten Kläger gehörten in den Streitjahren zwei volljährige Kinder. Im Privatvermögen hielten die Kläger drei Pkws, die vor allem von den Kindern genutzt wurden. Auf dem Grundstück der Familie befand sich neben dem Wohnhaus auch ein vom Kläger nebenberuflich geführter Gartenbaubetrieb. Hauptberuflich war der Kläger aber anderweitig als Arbeitnehmer beschäftigt. Die Klägerin arbeitete auf Minijobbasis im Betrieb des Klägers. Im Betriebsvermögen befanden sich unter anderem ein BMW X3 und ein Ford Ranger, für die keine Fahrtenbücher geführt wurden. Die Privatnutzung des BMW wurde nach der 1-%-Regelung versteuert. Für den Ford Ranger setzte der Kläger keinen Privatnutzungsanteil an. Dieser fungiere als Zugmaschine und müsse den Mitarbeitern im Betrieb arbeitstäglich permanent zur Verfügung stehen. Privat werde er nicht genutzt. Das Finanzamt sah dies jedoch anders.
Die dagegen gerichtete Klage vor dem FG war erfolgreich. Nach allgemeiner Lebenserfahrung würden betriebliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stünden, immer auch privat genutzt. Dafür spreche der sogenannte Beweis des ersten Anscheins. Dieser könne allerdings durch den sogenannten Gegenbeweis auch entkräftet oder erschüttert werden. Zwar sei der Ford Ranger unzweifelhaft grundsätzlich auch zum privaten Gebrauch geeignet. Allerdings habe der Kläger eine private Nutzung entkräftet. Er habe nachvollziehbar vorgetragen, dass seine Familie den Ford schon aufgrund seiner Größe nicht privat genutzt habe. Auch habe er dargelegt, dass der Ford wegen seiner Zugkraft permanent im Betrieb eingesetzt worden sei. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass der Kläger seine gewerbliche Tätigkeit nur nebenberuflich ausgeübt habe und daher den Ford nicht den
ganzen Tag über selbst genutzt haben könne. Auch das Finanzamt habe keine Umstände vorgetragen, die eine Privatnutzung des Ford belegt hätten. Daher sei für dieses Fahrzeug keine Privatnutzung zu ermitteln.
Quelle: FG Münster, Urt. v. 16.08.2022 – 6 K 2688/19 E, Rev. (BFH: III R 34/22)
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