Stuttgart, 13. Oktober 2023 – Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass die Fahrleistung die beste Schätzungsgrundlage für die Vorsteueraufteilung bei der Anschaffung eines Pkw ist, der sowohl für steuerpflichtige als auch für steuerfreie Umsätze genutzt wird.
In dem entschiedenen Fall hatte eine freiberufliche Unternehmerin einen neuen Pkw für ihre unternehmerischen Fahrten angeschafft. Das Finanzamt hatte den Vorsteuerabzug auf Basis der Fahrleistung vom 11. November 2014 bis zum 31. Dezember 2014 geschätzt. Das FG sah diese Schätzung als unsachgemäß an und führte eine eigene Schätzung durch, die auf der Gesamtfahrleistung im Streitjahr beruhte.
Das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) hat sich mit der Vorsteueraufteilung bei der Anschaffung eines Pkw beschäftigt, der sowohl für steuerpflichtige als auch für steuerfreie Umsätze genutzt wird. Es hat entschieden, dass die Schätzung der Vorsteueraufteilung auf Basis der Fahrleistung des Fahrzeugs in der Regel genauer ist als der Umsatzschlüssel. Außerdem kann es in bestimmten Fällen zu einer gleichzeitigen Anwendung von zwei relevanten gesetzlichen Vorschriften kommen.
Worum ging es im Streitfall?
Die Klägerin war freiberuflich tätig und erzielte im Jahr 2014 sowohl steuerpflichtige als auch steuerfreie Umsätze aus Vorträgen und Seminaren. Sie erwarb am 11.11.2014 einen neuen unternehmerisch genutzten Pkw, der ihr altes Fahrzeug ersetzte. Das Finanzamt kürzte den geltend gemachten vollen Vorsteuerabzug um 30,49 %, basierend auf der vorsteuerschädlichen Nutzung ab dem 11.11.2014.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte teilweise Erfolg. Grundsätzlich ist die Klägerin zum Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Pkw berechtigt. Allerdings sind die Vorsteuern nicht in voller Höhe abzugsfähig, da der Pkw sowohl für steuerpflichtige als auch für steuerfreie Umsätze genutzt wurde. Da weder die Klägerin noch das Finanzamt eine sachgerechte Schätzung gemäß den gesetzlichen Bestimmungen vorgenommen hatten, führte das FG selbst eine solche Schätzung durch.
Es stellte dabei auf die Gesamtfahrleistung im Streitjahr ab. Diese sei präziser als der Umsatzschlüssel, da die Nutzung des Fahrzeugs und die damit verbundene Abnutzung besser durch die Laufleistung abgebildet werden könnten. Die vom Finanzamt vorgenommene Schätzung sah das FG als unsachgemäß an, da lediglich die Fahrleistung vom 11.11.2014 bis zum 31.12.2014 berücksichtigt wurde. Es wurde außerdem festgestellt, dass die Klägerin bereits vor dem 11.11.2014 einen anderen „funktionsgleichen“ Pkw für ihre unternehmerischen Fahrten genutzt hatte.
Der ursprüngliche Vorsteuerabzug wurde daher auf Basis der tatsächlichen Verwendung des alten und des neuen Pkw im gesamten Kalenderjahr geschätzt. Im Ergebnis konnte die Klägerin aufgrund der Schätzung Vorsteuern in Höhe von ca. 9.000 EUR aus der Anschaffung des Pkw im Streitjahr geltend machen.
Hinweis:
Vorsteueraufteilungen bei der Anschaffung eines Pkw, der für verschiedene Umsätze verwendet wird, führen immer wieder zu Diskussionen mit den Finanzbehörden. Die Fahrleistung kann im Vergleich zum Umsatzschlüssel eine präzisere Grundlage für die Aufteilung bieten.
Quelle: FG Baden-Württemberg, Urt. v. 15.09.2022 – 12 K 1295/20, rkr.
Fundstelle: www fg-baden-wuerttemberg de
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