Wenn man ein Stipendium erhält, kann dies unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei sein. Denn in der Regel soll es ja dazu dienen, ein Studium oder eine Promotion finanziell entlastet absolvieren zu können, ohne gleichzeitig einer bezahlten Arbeit nachgehen zu müssen. Im Streitfall war das Stipendium jedoch mit der Verpflichtung verbunden, für einen bestimmten Zeitraum an einem bestimmten Ort eine bestimmte Tätigkeit auszuüben. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) musste darüber entscheiden, ob hier eine Steuerpflicht gegeben war.
Die Klägerin erhielt während ihres Masterstudiums ab dem dritten Semester vom Land Berlin ein Lehramtsstipendium von 500 EUR im Monat. Das Finanzamt kürzte bei der Festsetzung der Einkommensteuer die von der Klägerin geltend gemachten Fortbildungskosten um die erhaltenen Stipendiumszahlungen, da es davon ausging, dass das Stipendium steuerfrei ist.
Die Klage vor dem FG war unbegründet. Das Finanzamt hat den Werbungskostenabzug in Höhe der erhaltenen Zahlungen zu Recht versagt, da die Klägerin insoweit wirtschaftlich nicht belastet war. Nach den Stipendiumsunterlagen war keine Zweckrichtung vorgegeben, wofür die Zahlungen verwendet werden sollten. Das Stipendium war auch nicht steuerfrei. Voraussetzung dafür wäre unter anderem, dass der Empfänger im Zusammenhang mit dem Stipendium nicht zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet ist. Aber genau das war hier der Fall: Das Stipendium wurde nur an Studierende vergeben, die bereit waren, nach ihrem Abschluss drei Jahre als Lehrkraft in Berlin tätig zu werden. Die erhaltenen Zahlungen im Streitjahr sind folglich steuerpflichtiger Arbeitslohn für eine zukünftige Tätigkeit bzw. sonstige Einkünfte. Bei der geschlossenen Stipendiumsvereinbarung handelt es sich um eine konkrete Verpflichtung und damit letztlich um einen gegenseitigen Vertrag.
FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 30.03.2022 – 16 K 2083/20, Rev. (BFH: VI R 13/22)
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